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Debatte #1:
Bildung und Geschlecht im Spannungsfeld von Differenz und (Un-)Gleichheit
Am Donnerstag, den 08.11.2018 von 17:00 – 20:00 Uhr fand im Zimeliensaal der Universitätsbibliothek die erste Debatte der Zukunftsdiskurse statt.
In der ersten Debatte der Zukunftsdiskurse standen Kindheit und Jugend als Phase der geschlechtlichen Sozialisation im Zentrum.
Rosa für Mädchen, blau für Jungen – Geschlecht spielt als Differenzkategorie bereits in der Kindheit eine große Rolle. Eine Essentialisierung von Geschlechterdifferenzen und -hierarchien wird so bereits verstärkt. Wie vollziehen sich diese Differenzsetzungen und damit einhergehende Hierarchisierungen und Ungleichheiten im familiären und institutionellen Alltag? Welchen Einfluss haben sich wandelnde Geschlechterverhältnisse und -vorstellungen? Auf welche Weise können pädagogische Ansätze zu einer geschlechtergerechteren Zukunft beitragen?
Fragen wie diesen widmete sich die Veranstaltung im Gespräch mit Expert_innen aus Wissenschaft und Praxis:
Im Anschluss an einen Impuls von Prof. Dr. Melanie Kubandt (Universität Vechta): Gängige Geschlechterperspektiven im Feld der frühen Kindheit - Zweigeschlechtlichkeit als Dreh- und Angelpunkt der Betrachtungen?!
Haben wir die Frage der Rolle des Geschlechts in Kindheit und Jugend unter anderem mit Nico Kerski (SCHLAU Niedersachsen e.V. und Bundesverband Queere Bildung e.V.), Juliette Wedl (Identitätenlotto, Braunschweiger Zentrum für Gender Studies), Prof. Dr. Kai-Olaf Maiwald (Universität Osnabrück) und Florian Cristobal Klenk (Universität Darmstadt) debattiert.
Moderiert wurde die Debatte von Prof. Dr. Carol Hagemann-White.
v.l.: Carol Hageman-White, Melanie Kubandt, Kai-Olaf Maiwald, Florian Cristobal Klenk, Nico Kerski und Juliette Wedl
Prof.in Dr.in Melanie Kubandt
"Trotz punktueller Aufbrüche stellt die viel kritisierte Folie der Zweigeschlechtlichkeit nach wie vor den Dreh- und Angelpunkt von Bildungsdiskussionen zu Geschlecht im Feld der frühen Kindheit dar. Entgegen der häufig dualen Konstruktion der Geschlechterrollen von Mädchen und Jungen, Frauen und Männern, Müttern und Vätern ist zukünftig eine differenziertere Perspektive einzunehmen, die komplexe Möglichkeiten anstelle von polaren Sichtweisen bietet. Andernfalls sind Bildungsinstitutionen, wie Kindertageseinrichtungen Orte, in denen bestehende Geschlechterverhältnisse unter dem Label „Geschlechtergerechtigkeit“ reproduziert und manifestiert werden."
Hintergrund:
Geschlecht ist nicht nur etwas, das ein Mensch hat, ist, kann oder tut. Heterosexuelle Zweigeschlechtlichkeit bildet zugleich eine gesellschaftlich sehr wirkungsvolle Ordnung. Vergeschlechtlichte und vergeschlechtlichende Differenzierungen bewegen sich dabei im Spannungsfeld von einerseits der Berücksichtigung und Anerkennung von Verschiedenheit und andererseits der Zuweisung von Positionen innerhalb hierarchischer Relationen: Es werden Grenzen gezogen zwischen „uns“ und den „anderen“ und Binaritäten hergestellt zwischen hetero- und homosexuell, Frauen und Männern bzw. Mädchen und Jungen, Cis und Trans, jung und alt, behindert und nicht-behindert etc.
Dies macht sich auch in pädagogischen Kontexten bemerkbar. Machtvolle Diskurse um vergeschlechtlichte Ordnungen wirken nicht nur auf Bildungs- und pädagogische Prozesse ein, sie können ebenfalls Ergebnisse dieser sein. Daher sind verschiedene Blickwinkel auf dieses Verhältnis von Interesse. Inwiefern (re)produzieren Bildungsinstitutionen geschlechtliche Differenzsetzungen und damit einhergehende Hierarchisierungen und Ungleichheiten? Auf welche Weise können pädagogische Ansätze zu Vielfalt beitragen? Wie vollziehen sich diese Positionierungen im Alltag familiärer und institutioneller Erziehung?